(46)
3. Abenteuer
Wie Siegfried nach Worms kam
Dem Herren m?hte selten irgend ein Herzeleid.
Er h?rte Kunde sagen wie eine sch?ne Maid
In Burgonden w?re, nach W?nschen wohlgetan,
Von der er bald viel Freuden und auch viel Leides gewann. (47)
Das Lob ihrer Sch?ne vernahm man weit und breit,
Und auch ihr Hochgem?te ward zur selben Zeit
Bei der Jungfraue viel Helden wohlbekannt:
Das lud da viel der G?ste K?nig Gunthern in das Land. (48)
So viel man auch der Werbenden um ihre Minne sah,
Kriemhild in ihrem Sinne sprach dazu nicht ja,
Dass sie einen wollte zum geliebten Mann:
Gar fremd noch war ihr jener, dem sie bald ward untertan. (49)
Da dacht auf hohe Minne der Sieglinde Kind:
Der andern Werben alle war wider seins ein Wind.
Er mochte wohl verdienen sch?ner Frauen Leib.
Bald ward die edle Kriemhild des k?hnen Siegfriedes Weib. (50)
Ihm rieten seine Freunde und die in seinem Lehn,
Hab er stete Minne sich zum Ziel ersehn,
So soll' er eine werben, der er sich nicht zu sch?men.
Da sprach der edle Siegfried: “So will ich Kriemhilden nehmen, (51)
Die sch?ne Jungfraue von Burgondenland,
Ob ihrer gro?en Sch?ne. Das ist mir wohlbekannt,
Kein Kaiser sei so m?chtig, w?rb er um ein Weib,
Dem nicht zu minnen ziemte der reichen K?nigin Leib.” (52)
Diese M?re h?rte der K?nig Siegmund.
Es sprachen seine Leute: also ward ihm kund
Seines Kindes Wille. Es war ihm h?chlich leid,
Dass er werben wolle um diese herrliche Maid. (53)
Die K?nigin auch erfuhr es, die edle Sieglind:
Die musste gro?e Sorge tragen um ihr Kind,
Denn sie kannte Guntern und die in seinem Bann;
Das Werben man dem Degen sehr zu verleiden begann. (54)
Da sprach der k?hne Siegfried: “Viel lieber Vater mein,
Ohn edler Frauen Minne wollt ich immer sein,
Wenn ich nicht werben d?rfte nach Herzensliebe frei.”
Was jemand reden mochte, so blieb er immer dabei. (55)
“Und willst dus nicht vermeiden,” der K?nig sprach da so,
“So bin ich deines Willens von ganzem Herzen froh
Und will dirs f?gen helfen, so gut ich immer kann;
Doch hat der K?nig Gunther manchen hochf?hrtgen Mann. (56)
“Und w?r es anders niemand als Hagen der Degen,
Der kann im ?bermute wohl der Hochfahrt pflegen,
So dass ich sehr bef?rchte, es m?g uns werden leid,
Wenn wir werben wollen um diese herrliche Maid.” (57)
“Was mag uns gef?hrden?”, hub da Siegfried an:
“Was ich mir nicht im Guten dort erbitten kann,
Will ich schon sonst erwerben mit meiner starken Hand.
Ich will von ihm erzwingen die Leute und auch das Land.” (58)
“Leid ist mir deine Rede,” sprach K?nig Siegmund,
“Und w?rde diese M?re dort am Rheine kund,
So d?rftest du wohl nimmer in K?nig Gunthers Land.
Gunther und Gernot, die sind mir lange bekannt. (59)
“Mit Gewalt erwerben kann niemand die Magd,”
Sprach der K?nig Siegmund, “das ist mir wohl gesagt;
Willst du jedoch mit Recken reiten in das Land,
Die Freunde, die wir haben, die werden eilends besandt.” (60)
“So ist mir nicht zu Mute,” fiel ihm Siegfried ein,
“Dass ich mit Recken sollte reiten an den Rhein.
Nicht mit einer Heerfahrt – das w?re mir wohl leid,
Sollt ich damit erzwingen diese herrliche Maid. (61)
“Ich will sie wohl erzwingen allein mit meiner Hand.
Ich reite selbzw?lfter in K?nig Gunthers Land:
Dazu sollt ihr mir helfen, Vater Siegmund.”
Da gab man seinen Degen zu Kleidern grau und auch bunt. (62)
Da vernahm auch diese M?re seine Mutter Sieglind.
Sie begann zu trauern um ihr liebes Kind:
Sie bangt' es zu verlieren durch K?nig Gunthers Bann:
Gar sehr die edle K?nigin darob zu weinen begann. (63)
Siegfried der Degen ging hin, wo er sie sah.
Wider seine Mutter g?tlich sprach er da:
“Frau, ihr sollt nicht weinen um den Willen mein,
Wohl denk ich ohne Sorgen vor allen Feinden zu sein. (64)
Und helft mir zu der Reise nach Burgondenland,
Dass mich und meine Recken ziere solch Gewand,
Wie so stolze Recken mit Ehren m?gen tragen:
Ich will daf?r in Wahrheit den Dank von Herzen euch sagen.” (65)
“Ist dir nicht abzuraten,” sprach Frau Siegelind,
“So helf ich dir zur Reise, mein einziges Kind,
Mit dem besten Staate, den je ein Ritter trug,
Dir und den Gesellen: Ihr sollt des haben genug.” (66)
Da neigte sich der K?nigin Siegfried der junge Mann.
Er sprach: “Nicht mehr Gesellen nehm ich zur Fahrt mir an,
Als der Recken zw?lfe: verseht die mit Gewand;
Ich m?chte gern erfahren, wie's um Kriemhilde bewandt.” (67)
Da sa?en sch?ne Frauen ?ber Nacht und Tag,
Dass ihrer selten eine der Ruhe eher pflag,
Bis man gefertigt hatte Siegfriedens Staat.
Er wollte nun mitnichten seiner Reise haben Rat. (68)
Sein Vater hie? ihm zieren sein ritterlich Gewand,
Womit er r?umen wollte K?nig Siegmunds Land.
Ihre lichten Panzer, die wurden auch bereit
Und ihre festen Helme, ihre Schilde sch?n und breit. (69)
Nun sahen sie die Reise zu den Burgonden nahn.
Um sie begann zu sorgen, beides, Weib und Mann,
Ob sie wohl wiederk?men in ihrer Heimat Land.
Sie geboten aufzus?umen die Waffen und das Gewand. (70)
Sch?n waren ihre Rosse, ihr Reitzeug goldesrot:
Wenn wer sich h?her d?uchte, so war es ohne Not,
Als der Degen Siegfried und die in seinem Bann.
Nun bat er, dass er Urlaub nach Burgondenland gewann. (71)
Den gaben ihm mit Trauern K?nig und K?nigin.
Er tr?stete sie beide mit minniglichem Sinn
Und sprach: “Ihr sollt nicht weinen um den Willen mein;
Immer ohne Sorgen sollt ihr um mein Leben sein.” (72)
Es war leid den Recken, auch weinte manche Maid;
Sie hatten wohl im Herzen gefunden den Bescheid,
Sie m?sstens einst entgelten durch lieber Freunde Tod.
Sie hatten Grund zu klagen, es schuf ihnen wahrlich Not. (73)
Am siebenten Morgen zu Wormes an dem Strand
Ritten schon die K?hnen: da war all ihr Gewand
Aus rotem Gold gewoben, ihr Reitzeug wohlgetan;
Die Rosse gingen eben den Degen in Siegfrieds Bann. (74)
Neu waren ihre Schilde, licht und breit genug,
Und gar sch?n die Helme bei dem Hofeszug
Siegfried des k?hnen in K?nig Gunthers Land.
Man ersah an Helden nie so herrlich Gewand. (75)
Der Schwerter Enden gingen nieder auf die Sporen,
Scharfe Spie?e f?hrten die Ritter auserkoren,
Von zweier Spannen Breite war welchen Siegfried trug;
Der hatt an seiner Schneide grimmer Sch?rfe genug. (76)
Die goldfarbnen Z?ume f?hrten sie an der Hand;
Der Brustriem war von Seide: So kamen sie ins Land.
Da gafften sie die Leute allenthalben an,
Entgegen liefen ihnen die Recken in Gunthers Bann. (77)
Die hochbeherzten Degen, Ritter so wie Knecht,
Die gingen zu den Herren, so war es Fug und Recht,
Die G?ste zu empfangen in ihrer Herren Land;
Sie nahmen ihnen die Pferde mit den Schilden von der Hand. (78)
Da wollten sie die Rosse nach den St?llen ziehn;
Wie sprach da so geschwinde Siegfried der Degen k?hn:
“Lasst uns stehn die Pferde, mir und den meinen dort:
Wie mir ist zu Mute, so reit ich bald wieder fort. (79)
“Wem die M?re kund ist, der lasse sich befragen.
Wo ich den K?nig finde, das soll man mir sagen,
Gunther den reichen aus Burgondenland.”
Da saget' es ihm einer, dem es wohl war bekannt. (80)
“Wollt ihr den K?nig finden, das mag gar wohl geschehn.
In jenem weiten Saale hab ich ihn gesehn
Unter seinen Helden; da geht zu ihm hinan,
So m?gt ihr bei ihm finden manchen herrlichen Mann.” (81)
Nun war auch dem K?nig die M?re schon gesagt,
Dass gekommen w?ren Ritter unverzagt:
Sie f?hrten reiche Harnische und herrliche Gewand;
Sie erkenne niemand in der Burgonden Land. (82)
Den K?nig nahm es Wunder, woher gekommen sei'n
Die herrlichen Recken im Kleid von lichtem Schein,
Und mit so guten Schilden, so neu und so breit:
Dass ihm das niemand sagte, das war K?nig Gunthern leid. (83)
Da sprach zu dem K?nig von Metz Herr Ortewein,
Reich und k?hnes Mutes mochte der wohl sein:
“Da wir sie nicht erkennen, so hei?et jemand gehn
Nach meinem Oheim Hagen: dem sollt ihr sie lassen sehn. (84)
“Dem sind wohl kund die Reiche und alles fremde Land:
Hat er von ihnen Kunde, das mach er uns bekannt.”
Der K?nig lie? ihn holen und die in seinem Lehn:
Man sah ihn stolzes Schrittes mit Recken nach Hofe gehn. (85)
Warum nach ihm der K?nig, frug Hagen da, gesandt?
“Es sind in meinem Hause Degen unbekannt,
Die niemand wei? zu nennen: Habt ihr sie je gesehn,
Das sollst du mir, Hagen, nach der Wahrheit gestehn.” (86)
“Das will ich,” sprach Hagen. Zum Fenster schritt er drauf,
Da lie? er nach den G?sten den Augen freien Lauf.
Es gefiel ihm ihr Ger?te und auch ihr Gewand;
sie waren ihm gar fremde in der Burgonden Land. (87)
Er sprach: “Woher die Recken auch kamen an den Rhein,
Es m?gen selber F?rsten oder F?rstenboten sein.
Sch?n sind ihre Rosse und ihr Gewand ist gut;
Von wannen sie auch kommen, es sind Helden hochgemut.” (88)
Also sprach da Hagen: “Ich will euch gestehn,
Ob ich gleich im Leben Siegfrieden nicht gesehn,
So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht,
Dass er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht. (89)
“Er bringet neue M?re her in dieses Land:
Die k?hnen Nibelungen schlug des Helden Hand,
Die reichen K?nigss?hne Silbung und Nibelung;
Er wirkte gro?e Wunder mit des starken Armes Schwung. (90)
“Als der Held alleine ritt ohne Hilf und Macht,
Fand er an einem Berge, so ward mir hinterbracht,
Bei K?nig Niblungs Horte gar manchen k?hnen Mann;
Sie waren ihm gar fremde, bis er hier die Kunde gewann. (91)
“Der Hort K?nig Niblungs ward hervor getragen
aus einem hohlen Berge: Nun h?ret Wunder sagen,
Wie ihn teilen wollte der Nibelungen Bann.
Das sah der Degen Siegfried, den es zu wundern begann. (92)
“So nahe kam er ihnen, dass er die Degen sah
Und ihn die Helden wieder. Der eine sagte da:
Hier kommt der starke Siegfried, der Held aus Niederland.
Seltsame Abenteuer er bei den Nibelungen fand. (93)
“Den Recken wohl empfingen Schilbung und Nibelung.
Einhellig baten die edeln F?rsten jung,
Dass ihnen teilen m?chte den Hort der werte Mann:
Das begehrten sie, bis endlich ers zu geloben begann. (94)
“Er sah so viel Gesteines, wie wir h?ren sagen,
Hundert Doppelwagen, die m?chten es nicht tragen;
Noch mehr des roten Goldes von Nibelungenland:
Das alles sollte teilen des k?hnen Siegfriedes Hand. (95)
“Sie gaben ihm zum Lohne K?nig Niblungs Schwert:
Da wurden sie des Dienstes gar ?bel gew?hrt,
Den ihnen leisten sollte Siegfried der Degen gut.
Er konnt es nicht vollbringen: Sie hatten zornigen Mut. (96)
* “So musst er ungeteilet den Schatz lassen stehn.
Da bestritten ihn die Degen in der zwei K?nge Lehn.
Mit ihres Vaters Schwerte, das Balmung war genannt,
Stritt ihnen ab der K?hne den Hort und Nibelungenland. (97)
“Da hatten sie zu Freunden k?hne zw?lf Mann,
Das waren starke Riesen: Was konnt es sie verfahn?
Die erschlug im Zorne Siegfriedens Hand
Und siebenhundert Recken zwang er vom Nibelungenland (98)
“Mit dem guten Schwerte, das Balmung war genannt.
Viel der jungen Degen, vom Schrecken ?bermannt,
Den vor dem Schwert sie hatten und vor dem k?hnen Mann,
Das Land mit den Burgen machten sie ihm untertan. (99)
“Dazu die reichen K?nige, die schlug er beide tot;
Er kam durch Alberichen darauf in gro?e Not:
Der wollte seine Herren r?chen allzuhand,
Eh er die gro?e St?rke noch an Siegfrieden fand. (100)
“Da war ihm nicht gewachsen der gewaltge Zwerg:
Wie die wilden Leuen liefen sie an den Berg,
Als er die Tarnkappe Albrichen abgewann.
Da war des Herr des Hortes Siegfried der furchtbare Mann. (101)
“Die sich getraut zu fechten, die lagen all erschlagen:
Er lie? den Hort wieder nach dem Berge tragen,
Woraus ihn erst genommen die in Niblungs Bann:
Alberich der starke das Amt des K?mmrers gewann. (102)
“Erst musst ihm Eide schw?ren, er dien ihm als sein Knecht,
Mit allerhand Diensten ward er ihm gerecht,”
So sprach von Tronje Hagen: “Das hat der Held getan:
Also gro?e Kr?fte nie mehr ein Recke gewann. (103)
Noch ein Abenteuer ist mir von ihm bekannt:
Einen Linddrachen schlug des Helden Hand;
Da er im Blut sich badete, ward h?rnern seine Haut:
Nun versehrt ihn keine Waffe: Das hat man oft an ihm geschaut. (104)
Drum rat ich, dass den J?ngling man wohl empfangen soll,
Damit wir nicht verdienen des schnellen Recken Groll;
Er ist so sch?n von Wuchse, man seh ihn freundlich an:
Er hat mit seinen Kr?ften so manche Wunder getan.” (105)
* Da sprach der reiche K?nig: “F?rwahr, du hast wohl recht.
Wie ritterlich er dasteht, als g?lt es ein Gefecht,
Dieser k?hne Degen und die in seinem Lehn!
Wir wollen ihm entgegen hinab zu dem Recken gehn.” (106)
* “Das m?gt ihr,” sprach da Hagen, “mit allen Ehren schon:
Er ist von edelm Stamme, eines reichen K?nigs Sohn;
Auch hat er die Geb?rde, mich d?nkt, beim Herren Christ,
Es sei nicht kleine M?re, warum er hergeritten ist.” (107)
Da sprach des Landes K?nig: “Nun sei er uns willkommen,
Er ist k?hn und edel, das hab ich wohl vernommen:
Des soll er genie?en in Burgondenland.”
Da ging der K?nig Gunther hin wo er Siegfrieden fand. (108)
Der Wirt und seine G?ste empfingen so den Mann,
Dass wenig an dem Gru?e gebrach, den er gewann;
Des neigte sich vor ihnen der Degen ausersehn,
Weil ihm so recht freundlich die Gr??e waren geschehn. (109)
“Mich wundert,” sprach der K?nig Gunther allzuhand,
“Woher ihr, edler Siegfried, gekommen in dies Land,
Oder was ihr suchen wollet zu Wormes an dem Rhein?”
Da sprach der Gast zum K?nig: “Das soll euch unverholen sein. (110)
Ich habe sagen h?ren in meines Vaters Land,
An euerm Hofe w?ren (das h?tt ich gern erkannt)
Die allerk?hnsten Recken (so hab ich oft vernommen),
Die je gewann ein K?nig: Darum bin ich hieher gekommen. (111)
So h?r ich auch euch selber Mannheit zugestehn,
Man habe keinen K?nig noch so k?hn gesehn.
Das r?hmen viel die Leute ?ber allem diesem Land:
Nun kann ichs nicht verwinden, bis ich die Wahrheit befand. (112)
Ich bin auch ein Recke und soll die Krone tragen:
Ich m?cht es gerne f?gen, dass sie von ihr sagen,
Dass ich mit Recht bes??e die Leute wie das Land;
Mein Haupt und meine Ehre setz ich gern daf?r zum Pfand. (113)
Seid ihr nun so verwogen, wie euch die Sage zieht,
So frag ich nicht, ists Jemand lieb oder leid:
Ich will von euch erzwingen was euch angeh?rt,
Das Land und die Burgen unterwerf ich meinem Schwert.” (114)
Der K?nig war verwundert und all sein Volk umher,
Als sie vernommen hatten sein seltsam Begehr,
Dass er des Willens w?re, zu nehmen ihm sein Land:
Das h?rten seine Recken, die wurden zornig zuhand. (115)
“Wie h?tt ich das verdienet?”, sprach Gunther der Degen,
Wes mein Vater lange mit Ehre durfte pflegen,
Dass wir das sollten missen durch jemands ?berkraft?
Das w?re schlecht beweisen, dass wir auch pflegen Ritterschaft!” (116)
“Ich kann es nicht verwinden,” fiel ihm der K?hne drein,
“Es mag vor deiner Herrschaft dein Land befriedet sein:
Ich will es nun verwalten; doch auch das Erbe mein,
Erwirbst du es durch St?rke, es soll dir untert?nig sein. (117)
“Dein Erbe und das meine, gleich sollen beide liegen;
Und wer dann von uns beiden den andern mag besiegen,
Dem soll es alles dienen, die Leute wie das Land.”
Dem widersprach da Hagen und auch Gernot zuhand. (118)
“So stehn uns nicht die Sinne,” sprach da Gernot,
“Nach neuen Lands Gewinne, dass jemand sollte tot
Vor Heldesh?nden liegen: Reich ist unser Land,
Das uns mit Recht gehorsamt, zu niemand besser bewandt.” (119)
Da standen grimmen Mutes umher die Freunde sein;
Da war auch darunter von Metz Herr Ortewein:
Der sprach: “Diese S?hne ist mir von Herzen leid:
Euch ruft der starke Siegfried ohn allen Grund in den Streit. (120)
Steht ihr und eure Br?der ihm auch nicht zur Wehr,
Und ob er bei sich f?hrte ein ganzes K?nigsheer,
So wollt ichs doch erstreiten, dass der k?hne Held
Also hohen ?bermut mit gutem Recht bei Seite stellt.” (121)
Dar?ber z?rnte m?chtig der Held von Niederland:
“Nicht wider mich vermessen darf sich deine Hand:
Ich bin ein reicher K?nig, du bist in K?nigs Lehn;
Wohl d?rfen deiner Zw?lfe mit Streit mich nimmer bestehn.” (122)
Nach Schwertern rief da heftig von Metz Herr Ortewein:
Von Tronje Hagens Schwestersohn, der durft er wahrlich sein;
Dass der so lang geschwiegen, das war dem K?nig leid.
Da unterfing sichs Gernot, der Ritter k?hn und kampfbereit. (123)
Er sprach zu Ortweinen: “Lasst euer Z?rnen sein;
Es soll der Degen Siegfried sich nicht mit uns entzwein;
Wir m?gens wohl noch scheiden im Guten, rat ich sehr,
Und ihn zum Freunde haben; das geziemt uns wahrlich mehr.” (124)
Da sprach der starke Hagen: “In Wahrheit, mir ist leid,
Und deinen Degen allein, dass er je zum Streit
Her an den Rhein geritten: was lie? er das nicht sein?
Ihm w?ren nicht so ?bel begegnet hier die Herren mein.” (125)
Zur Antwort gab ihm Siegfried, der kr?ftige Held:
“Wenn euch, was ich gesprochen, Herr Hagen, missf?llt,
So will ich schauen lassen, wie noch die H?nde mein
So gewaltig wollen bei den Burgonden sein.” (126)
“Das hoff ich noch zu wenden;” sprach wieder Gernot.
Allen seinen Degen zu reden er verbot
In ihrem ?bermute, was ihm w?re leid.
Da gedacht auch Siegfried an die viel herrliche Maid. (127)
“Wie geziemt' uns mit euch zu streiten?”, sprach wieder Gernot.
“Wie viel dabei der Helden auch fielen in den Tod,
Uns br?cht es wenig Ehre und euch geringen Lohn.”
Zur Antwort gab ihm Siegfried, K?nig Siegmundes Sohn: (128)
“Warum z?gert Hagen und auch Ortewein?
Was eilt er nicht zum Streite mit den Freunden sein,
Deren er so manchen bei den Burgonden hat?”
Sie blieben Antwort schuldig, das war Gernotens Rat. (129)
“Ihr seid uns hier willkommen,” sprach das Uten-Kind,
“Und eure Heergesellen, die mit euch kommen sind:
Wir wollen gern euch dienen, ich und die Freunde mein.”
Da hie? man den G?sten schenken K?nig Gunthers Wein. (130)
Da sprach der Wirt des Landes: “Was uns geh?ret an,
Verlangt ihr es in Ehren, das sei euch untertan;
Wir wollen mit euch teilen unser Gut und Blut.”
Da ward dem Degen Siegfried ein wenig sanfter zu Mut. (131)
Da lie? man ihnen wahren all ihr R?stgewand;
Man suchte Herbergen, die besten, die man fand,
Siegfriedens Knechten: die fanden gut Gemach.
Man sah den Fremdling gerne in Burgondenland hernach. (132)
Man bot ihm gro?e Ehre darauf in manchen Tagen,
Mehr zu tausend Malen als ich euch k?nnte sagen;
Das hatte seine Tugend verdient, das glaubt f?rwahr.
Ihn sah wohl selten jemand, der ihm nicht gewogen war. (133)
Der Kurzweil sich flie?en die K?nge und ihr Bann:
Da war er stets der Beste, was man auch begann;
Es konnt ihm niemand folgen, so gro? war seine Kraft,
Ob sie den Stein warfen oder schossen den Schaft. (134)
So oft sie vor den Frauen in ihrer H?flichkeit
Der Kurzweile pflagen, die Degen allbereit,
Da sah man immer gerne den Held von Niederland;
Er hatt auf hohe Minne seine Sinne gewandt. (135)
* Die sch?nen Fraun am Hofe fragten nach der M?r,
Wer doch dieser fremde, stolze Ritter w?r?
“Er ist so sch?n von Leibe, so reich ist sein Gewand!”
Da sprachen ihrer Viele: “Das ist der Held von Niederland.” (136)
Was man je begonnte, er war dazu bereit;
Er trug in seinem Sinne eine minnigliche Maid,
Und auch nur ihn die Fraue, die er noch nie geschaut,
Und die ihm doch viel Gutes in der Stille zugetraut. (137)
So oft man auf dem Hofe das Waffenspiel begann,
Ritter so wie Knechte, immer sah es an
Kriemhilde durch die Fenster, die K?nigstochter hehr;
Keiner andern Kurzweil bedurfte sie f?rder mehr. (138)
Und w?st er dass ihn s?he, die er im Herzen trug,
So h?tt er Kurzweile immer auch genug,
Ersehn sie seine Augen, ich glaube sicherlich,
Wohl keine andre Freude auf Erden erw?nscht' er sich. (139)
Wenn er bei den Helden auf dem Hofe stand,
Wie man noch zur Kurzweil pflegt in allem Land,
Wohl stand er dann so minniglich, der Sieglinden-Sohn,
Dass manche Frau ihm zollte der Minne herzlichen Frohn. (140)
Er gedacht auch manche Stunde: “Wie soll das geschehn,
Dass ich das edle M?gdelein mit Augen m?ge sehn,
Die ich von Herzen minne, wie ich schon l?ngst getan?
Die ist mir noch gar fremde; mit Trauern denk ich daran.” (141)
So oft die reichen K?nige ritten in ihr Land,
So mussten auch die Recken mit ihnen all zur Hand:
Auch Siegfried ritt mit ihnen; das war den Frauen leid:
Er litt durch ihre Minne Beschwerde zu mancher Zeit. (142)
So wohnt' er bei den Herren, das ist alles wahr,
In K?nig Gunthers Lande v?lliglich ein Jahr,
Dass er die Minnigliche in all der Zeit nicht sah,
Durch die ihm bald vieles Liebes und auch viel Leides geschah. (143)
4. Abenteuer
Wie Siegfried mit den Sachsen stritt
Nun kommen fremde M?ren in K?nig Gunthers Land
Durch Boten, die von ferne ihnen wurden zugesandt
Von unbekannten Recken, die ihnen trugen Hass:
Als sie die Rede h?rten, gewiss betr?bte sie das. (144)
Die will ich euch nennen: Es war L?deger
Aus der Sachsen Lande, ein K?nig reich und hehr,
Dazu vom D?nenlande der K?nig L?degast;
Die sandten auf die Reise gar manchen herrlichen Gast. (145)
Ihre Boten kamen in K?nig Gunthers Land,
Die seine Widersacher hatten hingesandt;
Da frug man um M?re die Unbekannten gleich,
Und f?hrte bald die Boten zu Hofe vor den K?nig reich. (146)
Sch?n gr??te sie der K?nig und sprach: “Seid willkommen!
Wer euch hieher gesendet, hab ich noch nicht vernommen:
Das sollt ihr h?ren lassen,” sprach der K?nig gut.
Da bangten sie gewaltig vor des grimmen Gunthers Mut. (147)
“Wollt ihr erlauben, K?nig, dass wir uns des Berichts
Entledgen, den wir bringen, so hehlen wir euch nichts.
Wir nennen euch die Herren, die uns hieher gesandt:
L?degast und L?deger die suchen heim euer Land. (148)
“Ihren Zorn habt ihr verdienet: wir erfuhren das,
Dass euch die Herren beide tragen gro?en Hass.
Sie wollen heerfahren nach Wormes an den Rhein:
Ihnen helfen viel der Degen: des sollt ihr gewarnet sein. (149)
“Binnen zw?lf Wochen muss ihres Fahrt geschehn;
Habt ihr nun guter Freunde, so lasst es balde sehn,
Die euch befrieden helfen die Burgen und das Land:
Hier werden sie verhauen manchen Helm und Schildesrand.
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3. Abenteuer
Wie Siegfried nach Worms kam
Dem Herren m?hte selten irgend ein Herzeleid.
Er h?rte Kunde sagen wie eine sch?ne Maid
In Burgonden w?re, nach W?nschen wohlgetan,
Von der er bald viel Freuden und auch viel Leides gewann. (47)
Das Lob ihrer Sch?ne vernahm man weit und breit,
Und auch ihr Hochgem?te ward zur selben Zeit
Bei der Jungfraue viel Helden wohlbekannt:
Das lud da viel der G?ste K?nig Gunthern in das Land. (48)
So viel man auch der Werbenden um ihre Minne sah,
Kriemhild in ihrem Sinne sprach dazu nicht ja,
Dass sie einen wollte zum geliebten Mann:
Gar fremd noch war ihr jener, dem sie bald ward untertan. (49)
Da dacht auf hohe Minne der Sieglinde Kind:
Der andern Werben alle war wider seins ein Wind.
Er mochte wohl verdienen sch?ner Frauen Leib.
Bald ward die edle Kriemhild des k?hnen Siegfriedes Weib. (50)
Ihm rieten seine Freunde und die in seinem Lehn,
Hab er stete Minne sich zum Ziel ersehn,
So soll' er eine werben, der er sich nicht zu sch?men.
Da sprach der edle Siegfried: “So will ich Kriemhilden nehmen, (51)
Die sch?ne Jungfraue von Burgondenland,
Ob ihrer gro?en Sch?ne. Das ist mir wohlbekannt,
Kein Kaiser sei so m?chtig, w?rb er um ein Weib,
Dem nicht zu minnen ziemte der reichen K?nigin Leib.” (52)
Diese M?re h?rte der K?nig Siegmund.
Es sprachen seine Leute: also ward ihm kund
Seines Kindes Wille. Es war ihm h?chlich leid,
Dass er werben wolle um diese herrliche Maid. (53)
Die K?nigin auch erfuhr es, die edle Sieglind:
Die musste gro?e Sorge tragen um ihr Kind,
Denn sie kannte Guntern und die in seinem Bann;
Das Werben man dem Degen sehr zu verleiden begann. (54)
Da sprach der k?hne Siegfried: “Viel lieber Vater mein,
Ohn edler Frauen Minne wollt ich immer sein,
Wenn ich nicht werben d?rfte nach Herzensliebe frei.”
Was jemand reden mochte, so blieb er immer dabei. (55)
“Und willst dus nicht vermeiden,” der K?nig sprach da so,
“So bin ich deines Willens von ganzem Herzen froh
Und will dirs f?gen helfen, so gut ich immer kann;
Doch hat der K?nig Gunther manchen hochf?hrtgen Mann. (56)
“Und w?r es anders niemand als Hagen der Degen,
Der kann im ?bermute wohl der Hochfahrt pflegen,
So dass ich sehr bef?rchte, es m?g uns werden leid,
Wenn wir werben wollen um diese herrliche Maid.” (57)
“Was mag uns gef?hrden?”, hub da Siegfried an:
“Was ich mir nicht im Guten dort erbitten kann,
Will ich schon sonst erwerben mit meiner starken Hand.
Ich will von ihm erzwingen die Leute und auch das Land.” (58)
“Leid ist mir deine Rede,” sprach K?nig Siegmund,
“Und w?rde diese M?re dort am Rheine kund,
So d?rftest du wohl nimmer in K?nig Gunthers Land.
Gunther und Gernot, die sind mir lange bekannt. (59)
“Mit Gewalt erwerben kann niemand die Magd,”
Sprach der K?nig Siegmund, “das ist mir wohl gesagt;
Willst du jedoch mit Recken reiten in das Land,
Die Freunde, die wir haben, die werden eilends besandt.” (60)
“So ist mir nicht zu Mute,” fiel ihm Siegfried ein,
“Dass ich mit Recken sollte reiten an den Rhein.
Nicht mit einer Heerfahrt – das w?re mir wohl leid,
Sollt ich damit erzwingen diese herrliche Maid. (61)
“Ich will sie wohl erzwingen allein mit meiner Hand.
Ich reite selbzw?lfter in K?nig Gunthers Land:
Dazu sollt ihr mir helfen, Vater Siegmund.”
Da gab man seinen Degen zu Kleidern grau und auch bunt. (62)
Da vernahm auch diese M?re seine Mutter Sieglind.
Sie begann zu trauern um ihr liebes Kind:
Sie bangt' es zu verlieren durch K?nig Gunthers Bann:
Gar sehr die edle K?nigin darob zu weinen begann. (63)
Siegfried der Degen ging hin, wo er sie sah.
Wider seine Mutter g?tlich sprach er da:
“Frau, ihr sollt nicht weinen um den Willen mein,
Wohl denk ich ohne Sorgen vor allen Feinden zu sein. (64)
Und helft mir zu der Reise nach Burgondenland,
Dass mich und meine Recken ziere solch Gewand,
Wie so stolze Recken mit Ehren m?gen tragen:
Ich will daf?r in Wahrheit den Dank von Herzen euch sagen.” (65)
“Ist dir nicht abzuraten,” sprach Frau Siegelind,
“So helf ich dir zur Reise, mein einziges Kind,
Mit dem besten Staate, den je ein Ritter trug,
Dir und den Gesellen: Ihr sollt des haben genug.” (66)
Da neigte sich der K?nigin Siegfried der junge Mann.
Er sprach: “Nicht mehr Gesellen nehm ich zur Fahrt mir an,
Als der Recken zw?lfe: verseht die mit Gewand;
Ich m?chte gern erfahren, wie's um Kriemhilde bewandt.” (67)
Da sa?en sch?ne Frauen ?ber Nacht und Tag,
Dass ihrer selten eine der Ruhe eher pflag,
Bis man gefertigt hatte Siegfriedens Staat.
Er wollte nun mitnichten seiner Reise haben Rat. (68)
Sein Vater hie? ihm zieren sein ritterlich Gewand,
Womit er r?umen wollte K?nig Siegmunds Land.
Ihre lichten Panzer, die wurden auch bereit
Und ihre festen Helme, ihre Schilde sch?n und breit. (69)
Nun sahen sie die Reise zu den Burgonden nahn.
Um sie begann zu sorgen, beides, Weib und Mann,
Ob sie wohl wiederk?men in ihrer Heimat Land.
Sie geboten aufzus?umen die Waffen und das Gewand. (70)
Sch?n waren ihre Rosse, ihr Reitzeug goldesrot:
Wenn wer sich h?her d?uchte, so war es ohne Not,
Als der Degen Siegfried und die in seinem Bann.
Nun bat er, dass er Urlaub nach Burgondenland gewann. (71)
Den gaben ihm mit Trauern K?nig und K?nigin.
Er tr?stete sie beide mit minniglichem Sinn
Und sprach: “Ihr sollt nicht weinen um den Willen mein;
Immer ohne Sorgen sollt ihr um mein Leben sein.” (72)
Es war leid den Recken, auch weinte manche Maid;
Sie hatten wohl im Herzen gefunden den Bescheid,
Sie m?sstens einst entgelten durch lieber Freunde Tod.
Sie hatten Grund zu klagen, es schuf ihnen wahrlich Not. (73)
Am siebenten Morgen zu Wormes an dem Strand
Ritten schon die K?hnen: da war all ihr Gewand
Aus rotem Gold gewoben, ihr Reitzeug wohlgetan;
Die Rosse gingen eben den Degen in Siegfrieds Bann. (74)
Neu waren ihre Schilde, licht und breit genug,
Und gar sch?n die Helme bei dem Hofeszug
Siegfried des k?hnen in K?nig Gunthers Land.
Man ersah an Helden nie so herrlich Gewand. (75)
Der Schwerter Enden gingen nieder auf die Sporen,
Scharfe Spie?e f?hrten die Ritter auserkoren,
Von zweier Spannen Breite war welchen Siegfried trug;
Der hatt an seiner Schneide grimmer Sch?rfe genug. (76)
Die goldfarbnen Z?ume f?hrten sie an der Hand;
Der Brustriem war von Seide: So kamen sie ins Land.
Da gafften sie die Leute allenthalben an,
Entgegen liefen ihnen die Recken in Gunthers Bann. (77)
Die hochbeherzten Degen, Ritter so wie Knecht,
Die gingen zu den Herren, so war es Fug und Recht,
Die G?ste zu empfangen in ihrer Herren Land;
Sie nahmen ihnen die Pferde mit den Schilden von der Hand. (78)
Da wollten sie die Rosse nach den St?llen ziehn;
Wie sprach da so geschwinde Siegfried der Degen k?hn:
“Lasst uns stehn die Pferde, mir und den meinen dort:
Wie mir ist zu Mute, so reit ich bald wieder fort. (79)
“Wem die M?re kund ist, der lasse sich befragen.
Wo ich den K?nig finde, das soll man mir sagen,
Gunther den reichen aus Burgondenland.”
Da saget' es ihm einer, dem es wohl war bekannt. (80)
“Wollt ihr den K?nig finden, das mag gar wohl geschehn.
In jenem weiten Saale hab ich ihn gesehn
Unter seinen Helden; da geht zu ihm hinan,
So m?gt ihr bei ihm finden manchen herrlichen Mann.” (81)
Nun war auch dem K?nig die M?re schon gesagt,
Dass gekommen w?ren Ritter unverzagt:
Sie f?hrten reiche Harnische und herrliche Gewand;
Sie erkenne niemand in der Burgonden Land. (82)
Den K?nig nahm es Wunder, woher gekommen sei'n
Die herrlichen Recken im Kleid von lichtem Schein,
Und mit so guten Schilden, so neu und so breit:
Dass ihm das niemand sagte, das war K?nig Gunthern leid. (83)
Da sprach zu dem K?nig von Metz Herr Ortewein,
Reich und k?hnes Mutes mochte der wohl sein:
“Da wir sie nicht erkennen, so hei?et jemand gehn
Nach meinem Oheim Hagen: dem sollt ihr sie lassen sehn. (84)
“Dem sind wohl kund die Reiche und alles fremde Land:
Hat er von ihnen Kunde, das mach er uns bekannt.”
Der K?nig lie? ihn holen und die in seinem Lehn:
Man sah ihn stolzes Schrittes mit Recken nach Hofe gehn. (85)
Warum nach ihm der K?nig, frug Hagen da, gesandt?
“Es sind in meinem Hause Degen unbekannt,
Die niemand wei? zu nennen: Habt ihr sie je gesehn,
Das sollst du mir, Hagen, nach der Wahrheit gestehn.” (86)
“Das will ich,” sprach Hagen. Zum Fenster schritt er drauf,
Da lie? er nach den G?sten den Augen freien Lauf.
Es gefiel ihm ihr Ger?te und auch ihr Gewand;
sie waren ihm gar fremde in der Burgonden Land. (87)
Er sprach: “Woher die Recken auch kamen an den Rhein,
Es m?gen selber F?rsten oder F?rstenboten sein.
Sch?n sind ihre Rosse und ihr Gewand ist gut;
Von wannen sie auch kommen, es sind Helden hochgemut.” (88)
Also sprach da Hagen: “Ich will euch gestehn,
Ob ich gleich im Leben Siegfrieden nicht gesehn,
So will ich doch wohl glauben, wie es damit auch steht,
Dass er es sei, der Degen, der so herrlich dorten geht. (89)
“Er bringet neue M?re her in dieses Land:
Die k?hnen Nibelungen schlug des Helden Hand,
Die reichen K?nigss?hne Silbung und Nibelung;
Er wirkte gro?e Wunder mit des starken Armes Schwung. (90)
“Als der Held alleine ritt ohne Hilf und Macht,
Fand er an einem Berge, so ward mir hinterbracht,
Bei K?nig Niblungs Horte gar manchen k?hnen Mann;
Sie waren ihm gar fremde, bis er hier die Kunde gewann. (91)
“Der Hort K?nig Niblungs ward hervor getragen
aus einem hohlen Berge: Nun h?ret Wunder sagen,
Wie ihn teilen wollte der Nibelungen Bann.
Das sah der Degen Siegfried, den es zu wundern begann. (92)
“So nahe kam er ihnen, dass er die Degen sah
Und ihn die Helden wieder. Der eine sagte da:
Hier kommt der starke Siegfried, der Held aus Niederland.
Seltsame Abenteuer er bei den Nibelungen fand. (93)
“Den Recken wohl empfingen Schilbung und Nibelung.
Einhellig baten die edeln F?rsten jung,
Dass ihnen teilen m?chte den Hort der werte Mann:
Das begehrten sie, bis endlich ers zu geloben begann. (94)
“Er sah so viel Gesteines, wie wir h?ren sagen,
Hundert Doppelwagen, die m?chten es nicht tragen;
Noch mehr des roten Goldes von Nibelungenland:
Das alles sollte teilen des k?hnen Siegfriedes Hand. (95)
“Sie gaben ihm zum Lohne K?nig Niblungs Schwert:
Da wurden sie des Dienstes gar ?bel gew?hrt,
Den ihnen leisten sollte Siegfried der Degen gut.
Er konnt es nicht vollbringen: Sie hatten zornigen Mut. (96)
* “So musst er ungeteilet den Schatz lassen stehn.
Da bestritten ihn die Degen in der zwei K?nge Lehn.
Mit ihres Vaters Schwerte, das Balmung war genannt,
Stritt ihnen ab der K?hne den Hort und Nibelungenland. (97)
“Da hatten sie zu Freunden k?hne zw?lf Mann,
Das waren starke Riesen: Was konnt es sie verfahn?
Die erschlug im Zorne Siegfriedens Hand
Und siebenhundert Recken zwang er vom Nibelungenland (98)
“Mit dem guten Schwerte, das Balmung war genannt.
Viel der jungen Degen, vom Schrecken ?bermannt,
Den vor dem Schwert sie hatten und vor dem k?hnen Mann,
Das Land mit den Burgen machten sie ihm untertan. (99)
“Dazu die reichen K?nige, die schlug er beide tot;
Er kam durch Alberichen darauf in gro?e Not:
Der wollte seine Herren r?chen allzuhand,
Eh er die gro?e St?rke noch an Siegfrieden fand. (100)
“Da war ihm nicht gewachsen der gewaltge Zwerg:
Wie die wilden Leuen liefen sie an den Berg,
Als er die Tarnkappe Albrichen abgewann.
Da war des Herr des Hortes Siegfried der furchtbare Mann. (101)
“Die sich getraut zu fechten, die lagen all erschlagen:
Er lie? den Hort wieder nach dem Berge tragen,
Woraus ihn erst genommen die in Niblungs Bann:
Alberich der starke das Amt des K?mmrers gewann. (102)
“Erst musst ihm Eide schw?ren, er dien ihm als sein Knecht,
Mit allerhand Diensten ward er ihm gerecht,”
So sprach von Tronje Hagen: “Das hat der Held getan:
Also gro?e Kr?fte nie mehr ein Recke gewann. (103)
Noch ein Abenteuer ist mir von ihm bekannt:
Einen Linddrachen schlug des Helden Hand;
Da er im Blut sich badete, ward h?rnern seine Haut:
Nun versehrt ihn keine Waffe: Das hat man oft an ihm geschaut. (104)
Drum rat ich, dass den J?ngling man wohl empfangen soll,
Damit wir nicht verdienen des schnellen Recken Groll;
Er ist so sch?n von Wuchse, man seh ihn freundlich an:
Er hat mit seinen Kr?ften so manche Wunder getan.” (105)
* Da sprach der reiche K?nig: “F?rwahr, du hast wohl recht.
Wie ritterlich er dasteht, als g?lt es ein Gefecht,
Dieser k?hne Degen und die in seinem Lehn!
Wir wollen ihm entgegen hinab zu dem Recken gehn.” (106)
* “Das m?gt ihr,” sprach da Hagen, “mit allen Ehren schon:
Er ist von edelm Stamme, eines reichen K?nigs Sohn;
Auch hat er die Geb?rde, mich d?nkt, beim Herren Christ,
Es sei nicht kleine M?re, warum er hergeritten ist.” (107)
Da sprach des Landes K?nig: “Nun sei er uns willkommen,
Er ist k?hn und edel, das hab ich wohl vernommen:
Des soll er genie?en in Burgondenland.”
Da ging der K?nig Gunther hin wo er Siegfrieden fand. (108)
Der Wirt und seine G?ste empfingen so den Mann,
Dass wenig an dem Gru?e gebrach, den er gewann;
Des neigte sich vor ihnen der Degen ausersehn,
Weil ihm so recht freundlich die Gr??e waren geschehn. (109)
“Mich wundert,” sprach der K?nig Gunther allzuhand,
“Woher ihr, edler Siegfried, gekommen in dies Land,
Oder was ihr suchen wollet zu Wormes an dem Rhein?”
Da sprach der Gast zum K?nig: “Das soll euch unverholen sein. (110)
Ich habe sagen h?ren in meines Vaters Land,
An euerm Hofe w?ren (das h?tt ich gern erkannt)
Die allerk?hnsten Recken (so hab ich oft vernommen),
Die je gewann ein K?nig: Darum bin ich hieher gekommen. (111)
So h?r ich auch euch selber Mannheit zugestehn,
Man habe keinen K?nig noch so k?hn gesehn.
Das r?hmen viel die Leute ?ber allem diesem Land:
Nun kann ichs nicht verwinden, bis ich die Wahrheit befand. (112)
Ich bin auch ein Recke und soll die Krone tragen:
Ich m?cht es gerne f?gen, dass sie von ihr sagen,
Dass ich mit Recht bes??e die Leute wie das Land;
Mein Haupt und meine Ehre setz ich gern daf?r zum Pfand. (113)
Seid ihr nun so verwogen, wie euch die Sage zieht,
So frag ich nicht, ists Jemand lieb oder leid:
Ich will von euch erzwingen was euch angeh?rt,
Das Land und die Burgen unterwerf ich meinem Schwert.” (114)
Der K?nig war verwundert und all sein Volk umher,
Als sie vernommen hatten sein seltsam Begehr,
Dass er des Willens w?re, zu nehmen ihm sein Land:
Das h?rten seine Recken, die wurden zornig zuhand. (115)
“Wie h?tt ich das verdienet?”, sprach Gunther der Degen,
Wes mein Vater lange mit Ehre durfte pflegen,
Dass wir das sollten missen durch jemands ?berkraft?
Das w?re schlecht beweisen, dass wir auch pflegen Ritterschaft!” (116)
“Ich kann es nicht verwinden,” fiel ihm der K?hne drein,
“Es mag vor deiner Herrschaft dein Land befriedet sein:
Ich will es nun verwalten; doch auch das Erbe mein,
Erwirbst du es durch St?rke, es soll dir untert?nig sein. (117)
“Dein Erbe und das meine, gleich sollen beide liegen;
Und wer dann von uns beiden den andern mag besiegen,
Dem soll es alles dienen, die Leute wie das Land.”
Dem widersprach da Hagen und auch Gernot zuhand. (118)
“So stehn uns nicht die Sinne,” sprach da Gernot,
“Nach neuen Lands Gewinne, dass jemand sollte tot
Vor Heldesh?nden liegen: Reich ist unser Land,
Das uns mit Recht gehorsamt, zu niemand besser bewandt.” (119)
Da standen grimmen Mutes umher die Freunde sein;
Da war auch darunter von Metz Herr Ortewein:
Der sprach: “Diese S?hne ist mir von Herzen leid:
Euch ruft der starke Siegfried ohn allen Grund in den Streit. (120)
Steht ihr und eure Br?der ihm auch nicht zur Wehr,
Und ob er bei sich f?hrte ein ganzes K?nigsheer,
So wollt ichs doch erstreiten, dass der k?hne Held
Also hohen ?bermut mit gutem Recht bei Seite stellt.” (121)
Dar?ber z?rnte m?chtig der Held von Niederland:
“Nicht wider mich vermessen darf sich deine Hand:
Ich bin ein reicher K?nig, du bist in K?nigs Lehn;
Wohl d?rfen deiner Zw?lfe mit Streit mich nimmer bestehn.” (122)
Nach Schwertern rief da heftig von Metz Herr Ortewein:
Von Tronje Hagens Schwestersohn, der durft er wahrlich sein;
Dass der so lang geschwiegen, das war dem K?nig leid.
Da unterfing sichs Gernot, der Ritter k?hn und kampfbereit. (123)
Er sprach zu Ortweinen: “Lasst euer Z?rnen sein;
Es soll der Degen Siegfried sich nicht mit uns entzwein;
Wir m?gens wohl noch scheiden im Guten, rat ich sehr,
Und ihn zum Freunde haben; das geziemt uns wahrlich mehr.” (124)
Da sprach der starke Hagen: “In Wahrheit, mir ist leid,
Und deinen Degen allein, dass er je zum Streit
Her an den Rhein geritten: was lie? er das nicht sein?
Ihm w?ren nicht so ?bel begegnet hier die Herren mein.” (125)
Zur Antwort gab ihm Siegfried, der kr?ftige Held:
“Wenn euch, was ich gesprochen, Herr Hagen, missf?llt,
So will ich schauen lassen, wie noch die H?nde mein
So gewaltig wollen bei den Burgonden sein.” (126)
“Das hoff ich noch zu wenden;” sprach wieder Gernot.
Allen seinen Degen zu reden er verbot
In ihrem ?bermute, was ihm w?re leid.
Da gedacht auch Siegfried an die viel herrliche Maid. (127)
“Wie geziemt' uns mit euch zu streiten?”, sprach wieder Gernot.
“Wie viel dabei der Helden auch fielen in den Tod,
Uns br?cht es wenig Ehre und euch geringen Lohn.”
Zur Antwort gab ihm Siegfried, K?nig Siegmundes Sohn: (128)
“Warum z?gert Hagen und auch Ortewein?
Was eilt er nicht zum Streite mit den Freunden sein,
Deren er so manchen bei den Burgonden hat?”
Sie blieben Antwort schuldig, das war Gernotens Rat. (129)
“Ihr seid uns hier willkommen,” sprach das Uten-Kind,
“Und eure Heergesellen, die mit euch kommen sind:
Wir wollen gern euch dienen, ich und die Freunde mein.”
Da hie? man den G?sten schenken K?nig Gunthers Wein. (130)
Da sprach der Wirt des Landes: “Was uns geh?ret an,
Verlangt ihr es in Ehren, das sei euch untertan;
Wir wollen mit euch teilen unser Gut und Blut.”
Da ward dem Degen Siegfried ein wenig sanfter zu Mut. (131)
Da lie? man ihnen wahren all ihr R?stgewand;
Man suchte Herbergen, die besten, die man fand,
Siegfriedens Knechten: die fanden gut Gemach.
Man sah den Fremdling gerne in Burgondenland hernach. (132)
Man bot ihm gro?e Ehre darauf in manchen Tagen,
Mehr zu tausend Malen als ich euch k?nnte sagen;
Das hatte seine Tugend verdient, das glaubt f?rwahr.
Ihn sah wohl selten jemand, der ihm nicht gewogen war. (133)
Der Kurzweil sich flie?en die K?nge und ihr Bann:
Da war er stets der Beste, was man auch begann;
Es konnt ihm niemand folgen, so gro? war seine Kraft,
Ob sie den Stein warfen oder schossen den Schaft. (134)
So oft sie vor den Frauen in ihrer H?flichkeit
Der Kurzweile pflagen, die Degen allbereit,
Da sah man immer gerne den Held von Niederland;
Er hatt auf hohe Minne seine Sinne gewandt. (135)
* Die sch?nen Fraun am Hofe fragten nach der M?r,
Wer doch dieser fremde, stolze Ritter w?r?
“Er ist so sch?n von Leibe, so reich ist sein Gewand!”
Da sprachen ihrer Viele: “Das ist der Held von Niederland.” (136)
Was man je begonnte, er war dazu bereit;
Er trug in seinem Sinne eine minnigliche Maid,
Und auch nur ihn die Fraue, die er noch nie geschaut,
Und die ihm doch viel Gutes in der Stille zugetraut. (137)
So oft man auf dem Hofe das Waffenspiel begann,
Ritter so wie Knechte, immer sah es an
Kriemhilde durch die Fenster, die K?nigstochter hehr;
Keiner andern Kurzweil bedurfte sie f?rder mehr. (138)
Und w?st er dass ihn s?he, die er im Herzen trug,
So h?tt er Kurzweile immer auch genug,
Ersehn sie seine Augen, ich glaube sicherlich,
Wohl keine andre Freude auf Erden erw?nscht' er sich. (139)
Wenn er bei den Helden auf dem Hofe stand,
Wie man noch zur Kurzweil pflegt in allem Land,
Wohl stand er dann so minniglich, der Sieglinden-Sohn,
Dass manche Frau ihm zollte der Minne herzlichen Frohn. (140)
Er gedacht auch manche Stunde: “Wie soll das geschehn,
Dass ich das edle M?gdelein mit Augen m?ge sehn,
Die ich von Herzen minne, wie ich schon l?ngst getan?
Die ist mir noch gar fremde; mit Trauern denk ich daran.” (141)
So oft die reichen K?nige ritten in ihr Land,
So mussten auch die Recken mit ihnen all zur Hand:
Auch Siegfried ritt mit ihnen; das war den Frauen leid:
Er litt durch ihre Minne Beschwerde zu mancher Zeit. (142)
So wohnt' er bei den Herren, das ist alles wahr,
In K?nig Gunthers Lande v?lliglich ein Jahr,
Dass er die Minnigliche in all der Zeit nicht sah,
Durch die ihm bald vieles Liebes und auch viel Leides geschah. (143)
4. Abenteuer
Wie Siegfried mit den Sachsen stritt
Nun kommen fremde M?ren in K?nig Gunthers Land
Durch Boten, die von ferne ihnen wurden zugesandt
Von unbekannten Recken, die ihnen trugen Hass:
Als sie die Rede h?rten, gewiss betr?bte sie das. (144)
Die will ich euch nennen: Es war L?deger
Aus der Sachsen Lande, ein K?nig reich und hehr,
Dazu vom D?nenlande der K?nig L?degast;
Die sandten auf die Reise gar manchen herrlichen Gast. (145)
Ihre Boten kamen in K?nig Gunthers Land,
Die seine Widersacher hatten hingesandt;
Da frug man um M?re die Unbekannten gleich,
Und f?hrte bald die Boten zu Hofe vor den K?nig reich. (146)
Sch?n gr??te sie der K?nig und sprach: “Seid willkommen!
Wer euch hieher gesendet, hab ich noch nicht vernommen:
Das sollt ihr h?ren lassen,” sprach der K?nig gut.
Da bangten sie gewaltig vor des grimmen Gunthers Mut. (147)
“Wollt ihr erlauben, K?nig, dass wir uns des Berichts
Entledgen, den wir bringen, so hehlen wir euch nichts.
Wir nennen euch die Herren, die uns hieher gesandt:
L?degast und L?deger die suchen heim euer Land. (148)
“Ihren Zorn habt ihr verdienet: wir erfuhren das,
Dass euch die Herren beide tragen gro?en Hass.
Sie wollen heerfahren nach Wormes an den Rhein:
Ihnen helfen viel der Degen: des sollt ihr gewarnet sein. (149)
“Binnen zw?lf Wochen muss ihres Fahrt geschehn;
Habt ihr nun guter Freunde, so lasst es balde sehn,
Die euch befrieden helfen die Burgen und das Land:
Hier werden sie verhauen manchen Helm und Schildesrand.
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